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Das mit der Logistik…

… mache ich immer noch alles selbst. Angeliefert, kontrolliert und an die Händler distribuiert wird zu Hause in der Garage. Das Lager ist auf dem Estrich, von wo aus ich auch die Päckli für die Bestellungen mache. Warum mache ich mir das Leben nicht etwas leichter und lagere die Logistik einfach aus?


Die Ruhe vor dem Sturm

Kurz vor der Schuhlieferung aus Portugal wird es immer hektisch. Es gibt viele Details zu klären, z.B. mit welchem Spediteur wir shippen und auf welchem Sammeltransport es Platz hat; es müssen Packlisten, Liefer- und Zollpapiere erstellt werden. Das passiert in enger Zusammenarbeit mit meinem Produzenten. Die Schuhe sind dann fünf Arbeitstage unterwegs. Da kann man eigentlich nicht viel machen ausser Bangen, dass alles gut geht mit dem Transport und dem Import.


Daher nutzte ich diese fünf Tage Ruhe vor dem Sturm und kümmere mich um andere Dinge wie z.B. die finale Koordination für die Auslieferung an die Händler in der Schweiz, Vorbereitungen für Shootings oder den Launch der neuen Kollektion.


«Grosse Logistik»: Die gute alte Garage

Der Sturm beginnt immer mit einem Gefluche des Spediteurs: Dieser kommt nämlich mit dem Sattelschlepper die Einfahrt zur Garage nicht hoch, und wir müssen die Paletten jeweils 30 Meter mit dem Handhubwagen hochziehen. Natürlich helfe ich kräftig mit; mein Mitschieben und ein Trinkgeld besänftigen die Gemüter dann jeweils rasch wieder. Aber es ist jedes Mal das Gleiche - mittlerweile muss ich darüber schmunzeln. Wir laden dann alles in der Garage ab und fangen mit der Sortierung und Kontrolle an.


Die Garage ist trocken, aber im Februar 6-8 Grad kalt.


3'000 Schuhe, 900 KG, 5 Paletten

Das war der Umfang der letzten Lieferung. Die 1'500 Schuhpaare werden alle einzeln kontrolliert. Bei den kleineren Produktionen am Anfang habe ich die Kontrolle komplett selbst gemacht, nun habe ich Hilfe organisiert. Das Volumen ist einfach zu gross geworden, und es würde mir zu viel Zeit blockieren. Ich mache aber trotzdem einen Teil der Kontrolle selbst; so bleibe ich nahe am Produkt.


Nach der Qualitätskontrolle werden die Schuhe entsprechend den Aufträgen und Anlieferungsanforderungen der Händler gepackt, und ich bereite die Lieferpapiere vor. Für die Distribution an die Händler miete ich jeweils einen Transporter und fahre selbst in die riesigen Logistikzentren von Jelmoli, PKZ, Walder Schuhe und RRRevolve. Da lade ich dann neben den Lastwagen von Planzer, Kühne Nagel & Co. an den Laderampen meine «Ware» ab.


Der Rest der Schuhe kommt ins Lager auf den Estrich. D.h. ungefähr 50 Kisten vier Stockwerke hochtragen und alles nochmals Inventarisieren.


Ein echtes Fitness-Programm. Aber im Estrich ist es wenigstens schön warm.


Alle diese Arbeiten sind zugegeben körperlich anstrengend und ich möchte nicht wissen, wie viele Tonnen ich in diesen Tagen jeweils umwuchte. Trotzdem ist penibles Arbeiten ein absolutes Muss. Es passieren extrem schnell Fehler, und man muss aufpassen, dass es kein Puff gibt mit den unterschiedlichen Grössen, Farben und Modellen.


«Kleine Logistik»: Päckli machen = Kundennähe

Auch die Päckli für meine Kundinnen mache ich selbst - und zwar richtig gerne! Es ist der Lohn für die ganze Arbeit, welche die Wochen und Monate zuvor in die Produktion und tagtäglich in meine veganen Apfelleder-Schuhe einfliesst.


Dazu gehört auch das Retourenmanagement. Das mache ich ehrlicherweise nicht so gerne. Es ist aufwändig und wenn es eine «echte Retoure» und kein Grössenumtausch ist, ist es am Ende immer verlorener Umsatz.

Auf der anderen Seite erhalte ich gerade durch die Retouren-Bearbeitung viel Feedback und bin nahe an meinen Kundinnen. 90% meiner Kundinnen nehmen sich die Zeit und schreiben etwas Nettes, Motivierendes auf den Retourenschein. Toll, nicht?!


Ich habe gerade zu Beginn sehr viel darüber gelernt, was meinen Kundinnen wichtig ist und was sie sich wünschen. Das schätze ich sehr. Wäre dieser Bereich an einen Fulfillment-Dienstleister ausgelagert, hätte ich wahrscheinlich viele von diesen wertvollen Inputs gar nie mitbekommen.


Lohnt sich ein Outsourcing?

Klar könnte man sowohl die «grosse Logistik» mit den Lieferungen aus Portugal wie auch die «kleine Logistik» auslagern. Ich werde das wahrscheinlich wegen Volumen, Platz und Aufwand auch bald müssen.


Aber: Ich habe aktuell de facto pro Jahr nur zwei-mal eine Lieferung aus Portugal (Frühlings- und Herbstkollektion). Ich würde mit einer Auslagerung geschätzt pro Jahr nur 1 – 1 ½ Wochen Zeit einsparen. Es wäre sicher weniger körperliche Arbeit, dafür aber wieder mehr Koordinationsaufwand.


Ich finde diesen Effort als Startup vertretbar, auch wenn es vielleicht nicht so sexy ist wie Fotoshootings organisieren.


Know How und Bedürfnisse kennen

Neben der Nähe zu meinen Kundinnen und zum Produkt bzw. der Produktion gibt es noch einen weiteren wichtigen Vorteil, wenn man alles mal selbst gemacht hat: Ich weiss jetzt bis ins Detail, wie sämtliche Logistik-Bereiche funktionieren. Damit kenne ich auch meine Anforderungen an einen potentiellen zukünftigen Logistikpartner haargenau.


Mit physischen Gütern zu Handeln bringt schon nochmals einiges mehr mit, als eine Dienstleistung anzubieten. Ich bin mit Null Vorwissen in diese z.T. recht komplexen Logistik-Bereiche eingetaucht und habe zugegeben z.B. bei Zoll- und Import-Themen, anfangs nur «Bahnhof verstanden». Aber ich habe mir das ganze Know-How über die Abwicklung, Transportmöglichkeiten, Organisation eines Lagers, Händler-Distribution oder Retourenmanagement aneignen können.


Mal schauen, wie ich die Logistik für die Herbstkollektion lösen werde. Gut möglich, dass es nochmals die Garage wird. Lieferzeitpunkt ist im Sommer – es sollten also etwas angenehmere Temperaturen herrschen 😉.



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